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Homeoffice und die Wissenschaft. Das Institut der deutschen Wirtschaft hat sich in einer ausführlichen Analyse mit dem Thema Homeoffice in der Zeit während und nach der Pandemie beschäftigt.   

Während vor dem Ausbruch von Covid-19 nur 13 % aller Erwerbstätigen und knapp 10 % aller abhängig Beschäftigten in Deutschland zumindest teilweise von zu Hause aus arbeiteten, so stieg die Zahl mit Beginn der Pandemie und dem ersten Lockdown im März 2020 rapide an. Auf dem Höhepunkt im Februar 2021 arbeiteten 49 % und somit fast die Hälfte aller abhängig Beschäftigten deutschlandweit aus dem Homeoffice.  

Wie es nach der Pandemie nun weitergehen soll mit dem neuen Arbeitsmodell, wird bereits in der Politik, in der Wirtschaft sowie in der Wissenschaft diskutiert. Die Meinungen gehen dabei weit auseinander und wie die neue Normalität letztendlich aussehen wird, steht dabei noch in den Sternen. 

 Die Seite der Homeoffice-Kritiker  

Kritiker werden den Wegfall der Homeoffice-Regelung genutzt haben, um die Arbeit zurück ins Büro zu verlegen. Hierunter finden sich häufig kleine Unternehmen, die ihren Beschäftigten das Arbeiten von zu Hause aus von nun an wieder verwehren.  

Vor der Pandemie stellte man in einer Analyse auf Basis der BIBB-/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2018 fest, dass gut einem Fünftel der Beschäftigten in Deutschland der Wunsch nach Arbeiten von zu Hause verwehrt wurde, obwohl deren Tätigkeiten Homeoffice grundsätzlich erlauben würden. Die gezwungene Umstellung durch Corona hat viele Unternehmen umgestimmt und gezeigt, dass das neue Arbeitsmodell besser als gedacht umsetzbar ist.  

Unternehmen und Beschäftigte müssen daher jetzt gemeinsam herausfinden, welche Ansätze für alle Beteiligten am besten funktionieren. Eine Balance zwischen betrieblichen und persönlichen Belangen ist dabei wünschenswert. Bei den erforderlichen Rahmenbedingungen muss geprüft werden, wie die Arbeitszufriedenheit und Gesundheit der Beschäftigten auf der einen Seite und die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe im Hinblick auf Produktivität und Geschäftsprozesse auf der anderen Seite unter einen Hut gebracht werden können.  

Politische Pläne bezüglich Homeoffice-Regelungen

Einige politische Initiativen setzen sich bereits dafür ein, eine rechtliche Grundlage zu schaffen, die Beschäftigten das Arbeiten aus dem Homeoffice nach eigenem Wunsch ermöglichen soll. Zudem ist im Koalitionsvertrag der neuen Ampel-Koalition bereits vorgesehen, dass Beschäftigte in geeigneten Tätigkeiten einen Erörterungsanspruch über mobiles Arbeiten und Homeoffice erhalten und Arbeitgeber dem Wunsch der Beschäftigten nur dann widersprechen können, wenn dem betriebliche Belange entgegenstehen (SPD / BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN / FDP, 2021).   

Die Verbreitung von Homeoffice vor der Pandemie 

Im Jahr 2019 haben in Deutschland 12,9 % aller Erwerbstätigen von zu Hause aus gearbeitet – 9,6 % aller abhängig Beschäftigten. Für 5,5 % gehörte dies bereits zur Normalität und sie verbrachten mindestens die Hälfte der Arbeitszeit im Homeoffice. Weitere 7,3 % arbeiteten nur ab und zu Hause, aber insgesamt an weniger als der Hälfte ihrer Arbeitstage. Unter den Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen war somit knapp jeder Zehnte im Homeoffice tätig. Festzustellen war auch, dass der Anteil von Selbstständigen weitaus höher war gegenüber dem Anteil an abhängig Beschäftigten im Homeoffice. Personen mit Führungspositionen arbeiteten ebenfalls häufiger von zu Hause aus.   

Die Verbreitung von Homeoffice während der Pandemie 

Zwischen Ende März und Anfang April 2021 (Homeoffice-Pflicht!) arbeiteten 45 % der abhängig Beschäftigten in Deutschland zumindest stundenweise im Homeoffice. Im Vergleich zum Sommer 2020 bedeutete dies eine Steigerung um fast 10 % und im Februar 2021 wurde sogar eine Spitze mit knapp 49 % erreicht. Im September 2021 ging diese Zahl jedoch etwas zurück auf 38 %. 

Auffällig ist, dass der Anteil der Beschäftigten in Deutschland, die nicht im Homeoffice arbeiten, obwohl es im Hinblick auf ihre Tätigkeit grundsätzlich möglich wäre, gegenüber dem Stand vor der Krise von rund 23 % auf 7 % im April 2021 gefallen ist. Dies ist sicher auch auf die Einführung der Homeoffice-Regelung zurückzuführen.  

 Erwartungen von Beschäftigten und Betrieben für die Zeit nach der Pandemie 

Eine Studie der DAK fand im Zeitraum Februar/März 2021 heraus, dass rund 45 % der Beschäftigten eine Tätigkeit haben, die – im Großen und Ganzen – auch von zu Hause aus (im Homeoffice) durchführbar ist.  

Dieser Wert entspricht demnach dem Maximum der Verbreitung von Homeoffice.  

Rund die Hälfte aller Beschäftigten, die aufgrund der Pandemie im Homeoffice arbeiteten, wünschen sich, auch in Zukunft weiter von zu Hause aus arbeiten zu dürfen – zumindest im Rahmen eines Hybridmodells. Grund dafür sind die größtenteils sehr positiven Erfahrungen der vergangenen zwei Jahre. Eine Eurofound-Befragung im Juli 2020 bestätigte eine relativ hohe Zufriedenheit der Homeoffice-Beschäftigten.  

Als negative Aspekte wurden z.B. der fehlende Kontakt, die erschwerte Kommunikation mit Kolleginnen/Kollegen oder die schwammige Trennung zwischen Beruf und Privatleben genannt.  

Bonin und Rinne (2021a, 25) zeigen auf Basis ihrer Befragung, dass knapp die Hälfte der betroffenen Beschäftigten nur aufgrund von Anweisungen durch den Betrieb ins Büro zurückgekehrt sind. Wie bereits erwähnt, handelt es sich hierbei eher um kleine Betriebe, die Homeoffice als Notmaßnahme gesehen haben. Viele größere Betriebe arbeiten bereits an der Gestaltung eines neuen Arbeitsmodells, welches Homeoffice unter anderem beinhaltet.  

Aus wissenschaftlicher Sicht wird erwartet, dass Homeoffice nach der Pandemie weitaus verbreiteter sein wird als davor. Sicher ist auch, dass Konflikte häufiger aufkommen. Gerade, wenn sich Betriebe gegen Homeoffice stellen und Beschäftigten mobiles Arbeiten verwehren.   

Bekannte Unternehmen als Vorbilder 

Unternehmen wie Facebook oder Twitter fördern die Arbeit aus dem Homeoffice. Einige wollen nach der Pandemie sogar auf 100 % Homeoffice gehen. Der Vorstandsvorsitzende von Twitter, Jack Dorsey, hatte bereits im Mai 2020 angekündigt, dass seine Beschäftigten für immer von zu Hause arbeiten könnten. Eine Rückkehr ins Büro schloss er aus. Anders als Tim Cook, der Vorstandsvorsitzende von Apple. Er sah in dem neuen Arbeitsmodell nur eine notwendige Maßnahme zur Eindämmung von Covid-19. Grund dafür könnte die fünf Milliarden Dollar teure, neue (2017) Apple-Zentrale in Cupertino sein. Der Vorstandsvorsitzende von Google, Sundar Pichai, stellt sich die Arbeit in Zukunft allgemein flexibler vor. Eine Denkweise, die eher auf ein Hybridmodell deutet.  

Ein weiteres Unternehmen, welches sich mit Vollgas in Richtung Digitalisierung bewegt: Zum Beitrag hier entlang! 

Schlussfolgerung 

Zusammenfassend lässt sich aus allen Ergebnissen schließen: Die Verbreitung von mobilem Arbeiten wird in Zukunft sehr wahrscheinlich noch weiter zunehmen. Viele Vorbehalte und Hindernisse konnten aus dem Weg geräumt werden. Die positiven Erfahrungen unter Geschäftsführungen, Führungskräften und Beschäftigten sprechen für sich. Chancen und Risiken müssen nun gegenübergestellt werden und die Wünsche der Beschäftigten müssen mit betrieblichen Belangen abgeglichen werden. Jeder Betrieb muss hier einen individuellen Weg finden, der für alle Beteiligten zufriedenstellend ist. 

Die Entscheidung über die Frage, wie Arbeit zeitlich, räumlich und inhaltlich in Zukunft aussehen wird, bleibt jedoch am Ende der Arbeitgeberseite überlassen. Unternehmen müssen sich aber zukünftig auf Konflikte und ggf. Kündigungen einstellen, wenn die Rahmenbedingungen nicht mehr den Wünschen der Beschäftigten entsprechen. Im Hinblick auf einen zunehmenden Fachkräftemangel verbessert sich die Verhandlungsposition der Beschäftigten gegenüber ihrem Arbeitgeber zunehmend.  

Auch die Pläne auf politischer Seite sollten bei der Findung einer Einigung mit Beschäftigten nicht in Vergessenheit geraten. Die Ampel-Koalition wird das Vorhaben einer gesetzlichen Homeoffice-Regelung weiter verfolgen. Ein konstruktiver Abwägungsprozess seitens der Betriebe und der direkte Dialog mit Beschäftigten sind dabei das A und O.  

 Quellen:  

https://ftp.iza.org/report_pdfs/iza_report_121.pdf 

https://www.dak.de/dak/download/studie-pdf-2448800.pdf 

https://www.bundesregierung.de/resource/blob/974430/1990812/04221173eef9a6720059cc353d759a2b/2021-12-10-koav2021-data.pdf?download=1 

https://www.ssoar.info/ssoar/bitstream/handle/document/77181/ssoar-2021-bonin_et_al-Arbeitssituation_und_Belastungsempfinden_von_abhangig.pdf?sequence=1&isAllowed=y&lnkname=ssoar-2021-bonin_et_al-Arbeitssituation_und_Belastungsempfinden_von_abhangig.pdf 

https://www.eurofound.europa.eu