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Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser – so oder ähnlich lautet das Motto einiger Unternehmen. Doch streng geregelte Arbeitszeiten, vielleicht sogar mit einer Stechuhr, gehören der Vergangenheit an. Immer mehr Unternehmen setzen auf das Modell der Vertrauensarbeitszeit und gewähren ihren Mitarbeitern einen großen Vertrauensvorschuss. In unserem heutigen Beitrag möchten wir uns näher mit den Vor- und Nachteilen dieser Arbeitszeitregelung auseinandersetzen und untersuchen, in welchen Formen diese Regelungen umgesetzt werden können.

 

Wie genau wird Vertrauensarbeitszeit eigentlich definiert?

Vertrauensarbeitszeit ermöglicht es Mitarbeitern, ihre Arbeitszeiten eigenständig zu gestalten. Dabei ist es entscheidend, dass die festgelegten Aufgaben zuverlässig erledigt werden. Dieses Modell bietet grundsätzlich mehr Flexibilität und Freiheit, verlangt jedoch gleichzeitig mehr Eigenverantwortung. Es geht um das Ergebnis, nämlich die pünktliche Erledigung aller Aufgaben, und nicht um die dafür benötigte Zeit.

 

Vorteile von Vertrauensarbeitszeit:

Bessere Work-Life-Balance: Der wohl größte Vorteil für Mitarbeiter liegt in der Flexibilität dieses Arbeitszeitmodells. Insbesondere im Hinblick auf die Work-Life-Balance ergeben sich durch Vertrauensarbeitszeit deutlich verbesserte Möglichkeiten, den Alltag zu gestalten.

Hoher Grad an Selbstständigkeit: Vertrauensarbeitszeit fördert die Eigenverantwortung der Mitarbeiter. Sie müssen eigenständig entscheiden, wann und wie sie ihre Aufgaben erledigen, was ihnen ermöglicht, an neuen Herausforderungen zu wachsen.

Motivation und Zufriedenheit: Mehr Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer führt dazu, dass Mitarbeiter zufriedener sind und eine intrinsische Motivation an den Tag legen. Zu viel Kontrolle hingegen kann Druck erzeugen und Unzufriedenheit bei Mitarbeitern auslösen. Durch das entgegengebrachte Vertrauen fühlen sich Mitarbeiter respektiert und wertgeschätzt.

Steigerung der Produktivität: Viele Jobs beginnen morgens sehr früh, doch nicht jeder Mensch kann zu dieser Zeit direkt produktiv arbeiten. Vertrauensarbeitszeit ermöglicht es Mitarbeitern, ihre Arbeitszeiten individuell an die Phasen anzupassen, in denen sie am produktivsten sind.

Mitarbeitergewinnung/Mitarbeiterbindung: Unternehmen, die Vertrauensarbeitszeit anbieten, gelten oft als äußerst attraktive Arbeitgeber. Dieses flexible Arbeitsmodell zieht nicht nur hochqualifizierte Fachkräfte an, sondern bindet sie auch langfristig an das Unternehmen. Die Möglichkeit, die Arbeitszeiten an individuelle Bedürfnisse und Lebensumstände anzupassen, steigert die Mitarbeiterloyalität. Zufriedene und engagierte Mitarbeiter sind eher geneigt, dem Unternehmen langfristig treu zu bleiben, was wiederum die Fluktuation im Team reduziert.

Weniger Fehlzeiten: Vertrauensarbeitszeit führt in vielen Fällen auch zu weniger Fehlzeiten, da Mitarbeiter, die sich nicht gut fühlen, ihre Arbeit auf einen späteren Zeitpunkt am Tag verlegen können und generell besser in der Lage sind, ihre Arbeitszeit an ihr persönliches Wohlbefinden anzupassen. Die Flexibilität bei der Arbeitszeitgestaltung ermöglicht es den Mitarbeitern allgemein, sich besser um ihre physische und mentale Gesundheit zu kümmern.

 

Nachteile von Vertrauensarbeitszeit:

Fehlende Struktur: Es gibt durchaus Mitarbeiter, für die es schwierig ist, die Arbeitszeit eigenverantwortlich und ohne klare Vorgaben zu organisieren. Dies kann dazu führen, dass Aufgaben nicht rechtzeitig erledigt werden und Mitarbeiter überfordert sind. Zudem besteht die Gefahr, dass die Grenzen zwischen Arbeit und privatem Leben verschwimmen, da es ohne klare Arbeitszeitregelungen schwerfällt, eine klare Trennlinie zwischen beruflichen Verpflichtungen und persönlicher Freizeit zu ziehen.

Kontrollverlust: Es ist offensichtlich: Arbeitgeber verlieren durch Vertrauensarbeitszeit erheblich an direkter Kontrolle über die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter. Eine Dokumentation ist zwar Pflicht, jedoch seitens der Arbeitgeber nicht zu 100 % nachprüfbar.

Kommunikationsprobleme/Teamarbeit: Ohne festgelegte Kernarbeitszeiten könnten Mitarbeiter Schwierigkeiten haben, sich untereinander zu erreichen, was die Teamarbeit beeinträchtigen kann.

Überarbeitung: Übermotivierte Mitarbeiter könnten dazu neigen, zu viele Überstunden zu machen, ohne einen klaren Abschluss zu finden. Dies kann zu einem Verlust an Freizeit führen und rasch zu Überarbeitung und Unzufriedenheit führen. Diese zusätzliche Arbeitsbelastung kann zu Erschöpfungszuständen und einem erhöhten Stressniveau führen, was langfristig die Gesundheit der Mitarbeiter beeinträchtigen kann.

Die Vor- und Nachteile sind sehr individuell zu betrachten und müssen nicht zwingend auf das Modell der Vertrauensarbeitszeit zurückzuführen sein. Es hängt maßgeblich davon ab, wie Vertrauensarbeitszeit in einem Unternehmen implementiert wird und wie individuell die Mitarbeiter dabei berücksichtigt werden.

 

Kernzeiten und die Einhaltung von gesetzlichen Vorschriften

In den meisten Fällen wird Vertrauensarbeitszeit ohne feste Kernzeiten durchgeführt. Dennoch legt der Arbeitgeber häufig bestimmte Zeitkorridore am Tag fest, innerhalb derer die Mitarbeiter anwesend sein müssen. Wie der Arbeitnehmer seine Arbeitszeiten innerhalb dieses Zeitrahmens verteilt, bleibt ihm überlassen. Kernarbeitszeiten oder Zeitkorridore sind besonders sinnvoll, insbesondere in Bezug auf Meetings, da sie eine strukturierte Basis für gemeinsame Aktivitäten bieten und dennoch ausreichend Flexibilität gewährleisten. Monatlich oder wöchentlich definierte Arbeitsstunden müssen in jedem Fall eingehalten werden. Die Grundlage dafür sind sowohl der Arbeitsvertrag als auch die gesetzlichen Vorschriften.

Wichtig zu betonen ist, dass die Zeiterfassung auch im Rahmen von Vertrauensarbeitszeit verpflichtend ist und nicht vernachlässigt werden darf. Besonders hilfreich sind hierbei Apps, mit denen Mitarbeiter ihre Arbeitszeiten einfach und zuverlässig dokumentieren können. Diese technologischen Lösungen sind nicht nur effizient, sondern auch rechtlich relevant, wie durch eine entsprechende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs festgestellt wurde – weitere Details dazu hier.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Vertrauensarbeitszeit sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber zahlreiche Vorteile bietet und sich äußerst positiv auf die Zusammenarbeit auswirken kann.