Unbewusste Konditionierungen –
wie Personaler aus psychologischer Sicht entscheiden
Weshalb Personaler gewisse Entscheidungen treffen, lässt sich aus psychologischer Sicht recht einfach erklären. Ein Handbuch gab es nicht dazu, als wir geboren wurden. In der Schule werden nur Dinge gelehrt, die nichts mit unserer Zukunft und mit unserem Menschsein zu tun haben. Niemand erklärt einem, wer man ist, denn das würde neue Probleme hervorrufen. Stell dir vor, es würde gesagt werden, dass der Job nicht aufgrund räumlicher Präsenz oder nach dem Gehalt ausgewählt werden solle. Stattdessen sollte man überlegen, ob sich diese Tätigkeit auch nach 40 Jahren noch gut anfühlt und Spaß macht. Solch ein Denken ist nicht erwünscht – soviel ist klar. Denn mit diesen Entscheidungskriterien würde die Gesellschaft zusammenbrechen.
Oder nehmen wir den Charakter eines Menschen. Niemand erklärt dir, dass ruhige und introvertierte Menschen ein ebensolcher Bestandteil der menschlichen Art wie alle anderen sind. Vielleicht wurden diese Menschen als Künstler oder Erfinder geboren. Auch Vollzeitmütter müssen einen sanften Charakter besitzen, um Kinder auffangen zu können. Stattdessen bekommst du in der Schule zu hören, dass du dich gegen die anderen durchsetzen, behaupten und aus dir rauskommen musst. Doch wie entstehen diese verdrehten Ansichten?
Eltern konditionieren jede neue Generation. Die dominierenden Ansichten werden den Kindern vorgelebt. Kein Kind ist in der Lage, sich diesem Prozess zu entziehen. Es macht seine Erfahrungen, wächst heran und verfügt über einen reichen Schatz an Erinnerungen, die ihm durch andere Menschen mitgegeben wurden.
Wem dieser Werdegang nicht bewusst ist, der hat das sichere Gefühl, ganz leicht Entscheidungen treffen zu können. Doch diese betreffen nur die „eigene Welt“. Wer mit autoritären Eltern aufgewachsen ist, tut sich mit extrovertierten Menschen meist schwer. Gleichzeitig kann ein in der Kindheit abwesender Vater dafür sorgen, dass ein Mensch mit vielen Fähigkeiten eine Absage erhält, weil der Personaler Probleme mit männlichen Personen hat.
Den Menschen sehen, wie er wirklich ist
Was haben diese psychologischen Aspekte mit einem Personaler zu tun? Auch er unterliegt diesen Konditionierungen und ist damit nicht frei, wirkliche Entscheidungen zu treffen. Ohne es zu wissen, legt auch er die Maßstäbe seiner Kindheit an jeden Bewerber an und trifft seine Auswahl anhand der erlernten Muster. Das führt dazu, dass wirklich gute Fachkräfte den ausgeschriebenen Job nicht bekommen, weil der Personalentscheider auf ein Detail des Bewerbers „angesprungen“ ist. Dabei kann es sich um das Aussehen, die Art zu sprechen, eine extrovertierte Haltung, zu große Überzeugung von sich selbst oder introvertiertes Auftreten handeln. Diese Dinge laufen blitzschnell hinter den Kulissen ab. Wer das nicht weiß, hat schlechte Karten. Denn auf den Punkt gebracht zählt bei einem Einstellungsgespräch nicht die Qualifikation – es geht fast ausschließlich darum, ob die Konditionierungen passen.
Nicht umsonst ist Menschen die Prozedur des Bewerbens unangenehm. Denn sie hat keinen natürlichen Ursprung. Eine Beurteilung nach der Vergangenheit, das „Richtige“ sagen zu müssen (also die Worte zu finden, die der Personaler hören will) und andere Mitbewerber ausstechen zu müssen, ist der falsche Ansatz. Bewerbungsgespräche setzen der Sache die Krone auf. Denn in dieser künstlich erzeugten Situation gibt sich kein Mensch, wie er in Wahrheit ist. Wie auch? Es geht wieder nur darum der/die Beste zu sein. Jeder Bewerber weiß, wie eine Beurteilung ab der ersten Sekunde der Begegnung erfolgt: nach seiner Ausstrahlung, des Auftretens, seiner Worte, der Kleidung und der ausgestrahlten Sicherheit. Wer kann das in authentischer Weise überstehen?
Solange Menschen etwas von anderen Menschen wollen und brauchen, entsteht Abhängigkeit. Nur deshalb verstellen wir uns und zeigen unsere besten Seiten. In der Hoffnung, dass die Schattenseiten dem anderen verborgen bleiben. Wie kann in dieser Situation beurteilt werden, wer am besten zum Unternehmen passt?
Personaler sollten vorurteilsfrei entscheiden
Zuerst braucht es die Erkenntnis, dass die eigene Sicht der Dinge getrübt ist. Deshalb werden viele Stellen mit Menschen besetzt, die aus dem direkten Umfeld empfohlen wurden. Der Freund der Freundin kennt da jemanden, der eine Stelle sucht – und was ist das Ergebnis? Die Stelle wird mit einer Person besetzt, die den subjektiven Vorstellungen des Personalers gerecht wird. Ob sie sich wirklich für den Job und das Team eignet, ist damit nicht gesagt.
Auf den Punkt gebracht ist es Zeit zu verstehen, dass bisherige Entscheidungen in den meisten Fällen aus Unsicherheit, Unkenntnis oder als Folge der Vetternwirtschaft getroffen wurden. Viele herausragende Persönlichkeiten, die perfekt in das Unternehmen gepasst hätten, wurden aussortiert. Es ist Zeit, die Dinge auf neue Weise zu tun und ehrlich zuzugeben, dass die eigene Sicht durchaus eingegrenzt ist.
Kein Bewerber passt zu 100%
Eigentlich kann kein Bewerber die Ansprüche eines Personalers erfüllen. Direkt nach der Lehre oder dem Studium fehlen Lebens- und Berufserfahrung. Der nächste Lebensabschnitt ist mit der Familienplanung ausgefüllt, weshalb Frauen schon ab 25 Jahren im Bewerbungskampf Probleme haben. Ab 40 zählen die Jahre, in denen man berufliche Erfahrungen gesammelt hat und die man nun vorweisen kann. Doch jetzt ist man als Bewerber zu teuer. Dann wird lieber ein Berufsanfänger eingestellt, der mit einem Grundgehalt bezahlt werden kann.
Mit 50 Jahren und aufwärts seinen beruflichen Weg zu ändern oder neu auszurichten ist fatal. Beim Anblick von Bewerbern dieser Altersklasse denken viele Personaler an die Ausfallzeiten, die durch Erkrankungen auftreten könnten. Altersbedingt steht der Ruhestand bei diesen Mitarbeitern nahe bevor. Es müsste ein neuer Kollege gesucht und gefunden werden. Daher kommt auch dieser nicht infrage.
Das heißt:
- 20 -> zu jung und zu unreif
- 30 -> zu riskant
- 40 -> zu teuer
- 50 -> zu alt
In welchem Alter ein Bewerber auch ist, er wird mit diesen Gedanken im Hinterkopf vom Personaler angesehen und hat im Grunde keine Chance. Nach bisherigen Auswahlkriterien wird er nie der perfekte Kandidat sein. Wenn ein Personaler sich für einen neuen Mitarbeiter entscheidet, kann man sich sicher sein, dass eigene Vorlieben und Abneigungen zu dieser Wahl geführt haben.
Vernünftige Entscheidungen bezüglich der Mitarbeiterauswahl
Potenzielle Mitarbeiter bei jobsathome oder einer Stellenbörse finden und neue Wege gehen
Wenn das bisherige Vorgehen nicht funktioniert, steht die Frage im Raum, wie wirklich vernünftige Entscheidungen bezüglich der Mitarbeiterauswahl getroffen werden können.
1. Die eigenen Beweggründe hinterfragen
Schulungen im Rahmen von Weiterbildungen, Seminare oä. sind für Personalentscheider wichtig. Nur so wird der eingegrenzte Blickwinkel mit der Zeit sichtbar und deutlich.
2. Entscheidungen angstfrei treffen dürfen und diese respektieren
Ist die Entscheidung gefallen, muss jeder diese akzeptieren. Als Personaler sollte niemand mit dem Gefühl leben müssen, dass Sanktionen folgen, wenn der ausgewählte Kandidat doch nicht den Erwartungen entspricht. Menschen ändern sich. Menschen irren sich auch. Eine offene Diskussion der Tatsachen ist sinnvoll, damit der Freiraum entsteht, eine Entscheidung unter Umständen auch zurückzunehmen. Denn niemand ist für das Verhalten eines anderen Menschen verantwortlich zu machen.
3. Das Auswahlverfahren muss sich ändern
Ob ein Mensch in das Unternehmen passt, lässt sich nicht anhand von Zeugnissen oder einem Gespräch herausfinden. Hier braucht es einen Probetag, ein Probearbeiten oder eine andere Möglichkeit, die Bewerber in ihrem Element zu erleben. Dann wird sehr schnell klar, wer Führungsqualitäten besitzt und ein Teamplayer ist oder sich besser auf Home Office – Jobs konzentrieren sollte. Potenzielle Mitarbeiter sollten die Möglichkeit bekommen, sich in einem Umfeld zeigen zu dürfen, das dem zukünftigen Arbeitsbereich entspricht. Die Fähigkeiten eines Menschen in einem Gespräch zu beurteilen, kann nicht erfolgreich sein.
4. Das Menschenbild verändern
Menschen sind keine Ware. Ihren Wert am Alter, der Lebenssituation und ihrer Vergangenheit festzumachen, ist definitiv der falsche Weg. Viel zu oft sorgt eine Lücke im Lebenslauf dafür, dass dieser sofort im Papierkorb landet. Ein häufiger Jobwechsel ruft ebenfalls kritische Gedanken auf den Plan, obwohl es möglicherweise ganz triftige Gründe gab. Nur durch eine Beurteilung ohne Beachtung der Vergangenheit und frei von äußeren Umständen ist eine objektive Entscheidung möglich.
Den ersten Teil verpasst? Hier entlang!
Hinterlasse einen Kommentar