Lesezeit 4 Minuten

Auf unserem Blog haben wir bereits viele Themen rund um das Homeoffice behandelt. Doch bisher fehlte eine entscheidende Perspektive: die der Angestellten, die auf Grund der globalen Krise plötzlich ins Homeoffice wechseln mussten. Um diese wichtige Seite besser zu verstehen und neue Erkenntnisse zu gewinnen, führten wir ein Interview mit Lena. Lena ist Mitarbeiterin in einem der führenden Technologieunternehmen, das sich auf Elektrifizierung und Automation spezialisiert hat. Auch sie wurde zu Beginn der Pandemie vor die Herausforderung gestellt, sich dem Homeoffice anzupassen. In unserem Gespräch haben wir sie nach ihren anfänglichen Zweifeln gefragt, wie sie den Übergang erlebt hat und wie sich ihre Einstellung im Laufe der Zeit verändert hat.

jobsathome-Redaktion: Wie war Deine Einstellung zum Homeoffice zu Beginn der Umstellung?

Lena: Bereits vor der Umstellung hatte ich jeden Montag Homeoffice, um den Fahrtweg zur Arbeit einzusparen. Das fand ich immer sehr praktisch. Allerdings genoss ich die restlichen vier Tage im Büro, da ich dort mehr Kontakt zu meinen Kollegen hatte. Als dann die Entscheidung fiel, dass wir komplett fünf Tage im Homeoffice arbeiten sollten, dachte ich zunächst, das sei der absolute Jackpot und genau das, was ich mir gewünscht hatte. Doch nach etwa drei bis vier Wochen fühlte ich mich zu Hause sehr einsam. Daher hoffte ich, dass ich bald wieder für mehr Tage ins Büro zurückkehren könnte.

 

jobsathome-Redaktion: Was waren Deine größten Bedenken, als Du ins Homeoffice wechseln musstest?

Lena: Es bereitete mir anfangs viel Stress, dass es nicht offensichtlich war, wenn ich beispielsweise mal bei Teams abwesend war oder nicht direkt ans Telefon ging. Es bestand die Möglichkeit, dass mir unterstellt wurde, ich säße irgendwo und würde nichts tun. Ich wollte unbedingt jeden Anruf entgegennehmen und mein Statuslicht immer auf Grün haben. In der Firma war es zumindest sichtbar, wenn ich bestimmte Aufgaben nicht erledigt hatte, und man ging davon aus, dass ich andere Aufgaben hatte. Doch im Homeoffice basiert alles auf Vertrauen, insbesondere, wenn man keine Aufgaben hat, die man nachverfolgen kann. Auch was Überstunden angeht, hatte ich anfangs Hemmungen, sie einzutragen, wenn ich länger gearbeitet hatte. Am Anfang habe ich sogar gar nichts eingetragen und mich erst später getraut. Zudem konnte ich mir nicht vorstellen, dass die ganzen Meetings und so reibungslos funktionieren würden. Ich hatte Bedenken, dass die Umstellung nicht von Dauer ist, da wir beispielsweise jeden Morgen um 9 Uhr persönlich in der Produktion zusammengekommen sind, um Themen zu besprechen. Da die Mitarbeiter in der Produktion keinen Zugang zu Teams haben, war für mich klar, dass eine dauerhafte Online-Lösung nicht möglich sein würde.

 

jobsathome-Redaktion: Wie hast Du Deine Arbeitsweise im Homeoffice angepasst, um produktiv zu bleiben?

Lena: Wie bereits erwähnt, habe ich mittlerweile eine feste Routine für meinen Arbeitsalltag entwickelt. Ich arbeite nicht im Schlafanzug und bereite mich jeden Morgen wie gewohnt vor. Zudem habe ich ein separates Büro eingerichtet, in dem es keine Ablenkungen gibt und ich ungestört arbeiten kann. Wenn die Tür geschlossen ist, bedeutet das „Bitte nicht stören“. Pausen sind ebenfalls superwichtig! Im Homeoffice erfordern diese ein gewisses Maß an Selbstdisziplin, um sie tatsächlich als Gelegenheit zum Energietanken wahrzunehmen oder, wie in meinem Fall, für „ganz entspannte“ Hausarbeit.

 

jobsathome-Redaktion: Wurden alle Mitarbeiter technisch ausgestattet?

Lena: Ja, tatsächlich wurden wir komplett von unserem Arbeitgeber ausgestattet. Man hätte sich sogar einen Stuhl mit nach Hause nehmen dürfen.

 

jobsathome-Redaktion: Welche Tipps würdest Du anderen geben, die noch Schwierigkeiten mit dem Arbeiten im Homeoffice haben?

Lena: Ich habe Routinen eingeführt, um Struktur in meinen Arbeitstag zu bringen. Jeden Morgen habe ich bereits einen klaren Plan, was ich zu tun habe. Zusätzlich haben wir ein tägliches Morgenmeeting eingeführt, in dem jeder aus der Abteilung seine geplanten Aktivitäten für den Tag teilt, damit alle informiert sind. Ich finde, das ist eine großartige Möglichkeit für Absprachen. Diese kurzen 15 Minuten ermöglichen es uns auch, in Kontakt mit den Kollegen zu bleiben und uns selbst einen Fahrplan für den Tag zu erstellen.

 

jobsathome-Redaktion: Wie wichtig sind Dir die Vorteile des Homeoffice wie Flexibilität und Zeiteinteilung?

Lena: Für mich gibt es einfach nichts Besseres als Homeoffice, und ich kann mir eine Rückkehr ins Büro nicht mehr vorstellen. Ich schätze es sehr, dass ich meinen Tag viel flexibler gestalten kann und durch den Wegfall der Pendelzeit eine Menge zusätzliche Zeit gewonnen habe, die ich für mein Privatleben nutzen kann. Meine Work-Life-Balance hat sich dadurch enorm verbessert, und ich möchte die Vorteile des Homeoffice nicht mehr missen.

 

jobsathome-Redaktion: Wie bleibst Du im Homeoffice motiviert?

Lena: Durch den regelmäßigen Austausch über die Tätigkeiten der Kollegen und das Vorhandensein gemeinsamer Aufgaben fühlt man sich auch trotz Homeoffice nicht als Einzelkämpfer. Der Teamgedanke bleibt bestehen und motiviert automatisch. Man strebt als Teil des Teams trotz der räumlichen Trennung weiterhin gemeinsame Ziele an und möchte dazu einen wichtigen Beitrag leisten.

 

jobsathome-Redaktion: Wie hast Du Deine Work-Life-Balance verbessert, seit Du im Homeoffice arbeitest?

Lena: Diese zusätzliche freie Zeit, die durch den Wegfall der Fahrtzeit entsteht, ist für mich von sehr großer Bedeutung. Ich schätze es sehr, dass ich dadurch viel mehr vom Tag habe und nach Feierabend mehr Zeit für Hobbys und meine Familie zur Verfügung habe. Außerdem erledige ich während der Mittagspause gerne schon einige Dinge im Haushalt, so kann ich meine Zeit wahnsinnig effizient nutzen. Meine Work-Life-Balance hat sich ganz wesentlich verbessert!

 

jobsathome-Redaktion: Wie denkst Du über die Zukunft von Homeoffice?

Lena: Ich bin überzeugt davon, dass Homeoffice definitiv eine Zukunft hat. Während der Pandemie hat man deutlich gesehen, dass man im Homeoffice genauso produktiv sein kann, wenn nicht sogar produktiver. Natürlich ist dafür Vertrauen und Eigenverantwortung seitens der Mitarbeiter erforderlich. Ich betrachte dies als einen Gewinn sowohl für die Arbeitnehmer als auch für die Arbeitgeber. Zudem spart der Arbeitgeber erhebliche Kosten in Bezug auf Miete, Energiekosten und andere Ausgaben.

 

jobsathome-Redaktion: Würdest Du gerne wieder ins Büro zurückkehren oder bevorzugst Du das Arbeiten im Homeoffice?

Lena: Auf keinen Fall! Allerdings fände ich es gut, wenn es im Monat 1 bis 2 persönliche Meetings gäbe. Diese wären rein für den Austausch unter den Mitarbeitern gedacht, nicht unbedingt aus arbeitsbezogenen Gründen.

 

jobsathome-Redaktion: Wie hat sich Deine Beziehung zu Deinen Kollegen seit dem Wechsel ins Homeoffice verändert und wie bleibst Du in Kontakt?

Lena: Mit einigen Kollegen ist der Kontakt tatsächlich abgebrochen, da wir nun nichts mehr miteinander zu tun haben. Es scheint, als hätten wir uns im Laufe der Zeit einfach auseinandergelebt. Früher hatten wir gemeinsame Mittagessen und ähnliche Aktivitäten, die uns verbunden haben. Jetzt besteht der Kontakt hauptsächlich zu den Kollegen aus meiner direkten Abteilung, mit denen ich direkt zusammenarbeite. Dies ist tatsächlich auch ein Thema, das an unserem Standort von der Geschäftsführung kritisiert wird, diesbezüglich wurden schon Bedenken geäußert. Insbesondere für neue Mitarbeiter stellt dies oft eine Herausforderung dar, da die Integration in das Team schwieriger wird. Ich als langjährige Mitarbeiterin kann mit dieser Tatsache leben, würde mich aber, wie bereits erwähnt, über abteilungsübergreifende Treffen freuen.

 

jobsathome-Redaktion: Wie hat dein Unternehmen die Arbeit im Homeoffice mittlerweile geregelt? Welche Vorgaben gibt es?

Lena: Jeder Mitarbeiter hat die Möglichkeit, jederzeit im Büro zu arbeiten, jedoch gibt es für reine Homeoffice-Stellen keinen festen Arbeitsplatz mehr pro Mitarbeiter. Auch ich habe mittlerweile einen festen Homeoffice-Vertrag. Für Mitarbeiter, die aufgrund ihrer Tätigkeit in die Firma kommen müssen, wie beispielsweise das Produktionsteam, besteht die Möglichkeit, eine bestimmte Anzahl von Homedays pro Monat in Anspruch zu nehmen.

 

jobsathome-Redaktion: Wie hat sich Deine Einstellung zum Homeoffice verändert?

Lena: Stand heute hat sich meine Meinung grundlegend verändert. Meine anfänglichen Bedenken hinsichtlich der Einsamkeit und meiner Zweifel, ob das Arbeiten im Homeoffice überhaupt möglich ist, sind komplett verschwunden. Ich habe keine Ängste mehr und erkenne nun, dass viel mehr Aufgaben online erledigt werden können, als ich ursprünglich dachte. Man muss keine langen Strecken mehr zurücklegen, um Lieferantengespräche zu führen. Außerdem habe ich bemerkt, dass Kollegen wesentlich produktiver sind, da es keine langen Smalltalks mehr am Kaffeeautomaten gibt. Ich persönlich habe auch erkannt, wie wichtig es ist, außerhalb des Arbeitslebens ein solides soziales Netzwerk zu haben. Ich bin mittlerweile wirklich sehr zufrieden und arbeite gerne im Homeoffice!