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Bereits vor Corona arbeiteten etwa 12 Prozent der Angestellten im Homeoffice. Während der Pandemie stieg diese Zahl auf 25 Prozent. Wenn es irgendwie möglich war, zogen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ins Homeoffice um. Im Unternehmen war zwar in der Regel immer jemand anwesend – aber eben nicht alle Angestellten. Wohlgemerkt: Es geht hier um Bürojobs, denn lediglich unter den Büroangestellten bewegten sich 25 Prozent der Menschen ins Homeoffice, nicht unter allen Angestellten!

Digitalisierung deutscher Unternehmen

Das klingt trotzdem sehr positiv: Immerhin schreitet die Digitalisierung deutscher Unternehmen seit Frühjahr 2020 mit Riesenschritten voran. Remote-Jobs sind zwar noch nicht normal geworden, aber immerhin weniger „unnormal“. 90 Prozent der vom Fraunhofer-Institut im Rahmen einer Studie befragten Teammitglieder und Führungskräfte waren mit dem Arbeiten von zu Hause aus zufrieden (Quelle: blog.iao.fraunhofer.de/arbeiten). Ähnliche Ergebnisse zeigte eine Studie, die die Universität Köln von einem Forscherteam durchführen ließ (Quelle: th-koeln.de/mam/downloads). Wenn also Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen über die hohe Belastung zu Hause klagen, über Ablenkungen durch gurgelnde Spülmaschinen, Wäscheberge im Badezimmer und spielende Kinder, ist das erst einmal nicht allzu hoch zu bewerten. Oder zumindest nicht höher als das Gejammer über klingelnde Telefone, pfeifende Klimaanlagen und mitteilungsbedürftige Kollegen und Kolleginnen im Büro.

Andere Studien zeigten aber auch, dass der direkte Kontakt mit den Kollegen und Kolleginnen doch irgendwie fehlt. Die Krankenkasse DAK fand heraus: Persönlicher und fachlicher Austausch kommt derzeit zu kurz, Kaffeepausen und gemeinsame Mittagessen fallen komplett weg, Kreativ-Sessions gibt es nicht mehr (Quelle: dak.de/dak/download). Das klingt nach einem Problem, das sich beheben lässt.

Rückkehr ins Büro

Rückkehr zur Präsenzkultur? Nicht zwangsläufig!

Einige Unternehmen verkleinern ihre Büroräume bereits und bauen Schreibtische ab. Überall dort, wo die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gute Erfahrungen mit der Arbeit von zu Hause aus gemacht haben, wo der „Laden trotzdem gut lief“, kann schließlich Präsenz abgebaut werden. An die Stelle des persönlichen Kontakts treten zunehmend digitale Meetings, Telefonanrufe und gezielt gesetzte Treffen. Anders ausgedrückt: Es wird genau überlegt, in welchem Fall Präsenz und Treffen wirklich unvermeidbar ist.

Daraus darf man aber auch für die Zukunft keine Pflicht zum Homeoffice ableiten. Denn den Anspruch auf Remote-Work gibt es nach wie vor nicht. Unternehmen bieten allerdings seit 2020 in den Neuverträgen noch häufiger ausführliche Vereinbarungen und Regelungen zur Heimarbeit an. Jeder und jede Vierte ist schließlich seit Anfang Dezember 2020 ausschließlich im Homeoffice (Stand Mai 2021). Vor der Pandemie waren es nur 3 Prozent, und nur 15 Prozent der Angestellten waren immerhin teilweise im Homeoffice. Es hat also durchaus mit dem durch die Bundesregierung ausgeübten Druck auf die Unternehmen zu tun, wenn jetzt mehr Menschen im Homeoffice arbeiten. Und die wollen zum Teil dort bleiben, was die Unternehmen dort, wo es möglich ist, auch begrüßen.

Neue Kommunikationswege und flexiblere Arbeitszeiten

Wie genau hat sich die Corona-Krise nun auf die Digitalisierung der Unternehmen ausgewirkt? Ein paar ganz konkrete Dinge fallen auf:

– Drucker und PC wurden 2020 knapp in den Elektronik-Fachmärkten. Das betraf insbesondere die zweite Welle. In Zahlen: Zwischen Oktober und Dezember 2020 wurden weltweit insgesamt 26 Prozent mehr Heimcomputer verkauft als im gleichen Quartal des Vorjahres. (Quelle: faz.net/aktuell/wirtschaft)

– 2020 nahm der Traffic, also der Internet-Verkehr, um etwa 15 Prozent insgesamt zu – gemessen am Knotenpunkt Frankfurt am Main. (Quelle: giessener-allgemeine.de/hessen/internet)

– Im Juni 2020 wurde bereits eine Zunahme von 120 Prozent bei Videokonferenzen auf den Plattformen von DE-CIX registriert. Vor allem in der Kernzeit zwischen 9 Uhr und 13 Uhr stieg der Traffic an, hier waren es genau 15 Prozent. Der abendliche Peak (Gaming, Streaming) flachte vor Corona gegen 23 Uhr ab, jetzt aber erst gegen 2 Uhr morgens. (Quelle: siehe vorheriger Punkt)

– 84 Prozent der Unternehmen, die der Digitalverband Bitkom zur Digitalisierung befragte, gaben an: Die Corona-Pandemie hat die Bedeutung der Digitalisierung im eigenen Unternehmen verstärkt. 97 Prozent der Unternehmen sehen die Digitalisierung als Chance. (Quelle: bitkom.org/Presse/Presseinformation)

– 75 Prozent der vom Digitalverband Bitkom befragten Unternehmen haben in neue Software investiert oder wollen dies in Kürze tun. 70 Prozent der Unternehmen kauften Corona-bedingt Laptops oder Smartphones. 58 Prozent bauten eine digitale Infrastruktur wie beispielsweise VPN-Zugänge oder ein Intranet auf (oder planen es). 81 Prozent nutzten Videokonferenzsysteme anstelle persönlicher Treffen. Bei 79 Prozent verhalf die Pandemie zur Nutzung von Kollaborationstools wie Slack oder Microsoft Teams. (Quelle: siehe vorheriger Punkt)

– 63 Prozent der Unternehmen setzen seit 2020 neu digitale Dokumente statt Papier ein und ermöglichen digitale Signaturen. (Quelle: bitkom.org/Presse/Presseinformation)

Große Schritte in Richtung Digitalisierung

Diese Zahlen zeigen, dass viel Geld und Zeit in die Digitalisierung geflossen sind. Die Investitionen lohnen, denn sie können selbstverständlich nach der Krise weiter genutzt werden. Natürlich lief die Digitalisierung nicht überall glatt. Einige Probleme nennen die Unternehmensseiten immer wieder. Sie betreffen Datenschutz, technische Sicherheit und fehlende Fachkräfte. Außerdem fehlen auffällig häufig die finanziellen Mittel.

Eine deutliche Verschiebung der Arbeitszeiten

Warum nun der Augenmerk auf Uhrzeiten und Datenverkehr? Ganz einfach: Hier zeigt sich, dass sich die Arbeitszeiten verschoben haben. 9 Uhr bis 13 Uhr sind zwar immer noch Kernzeiten. Aber dass spät in der Nacht noch ein Peak zu verzeichnen ist, kann nur bedeuten, dass sich das abendliche Vergnügungsprogramm von Gaming und Streaming um einige Stunden nach hinten verschoben hat. Warum?

Vermutlich werden die vorherigen Zeiten (9 Uhr bis 11 Uhr abends) nun zunehmend noch mit Arbeit verbracht. Da morgens der Weg ins Büro wegfällt, macht es nichts aus, wenn man später zu Bett geht – die Freizeit fällt also nicht weg, sondern wird in die Nacht verschoben. Studien zu Strom- und Wasserverbrauch zeigten, dass man zumindest in den Städten morgens erst später aktiv wird als vor der Pandemie.

Bertelsmann Stiftung attestiert: Gekommen, um zu bleiben

Schon im Sommer 2020 ging die Bertelsmann Stiftung (einsehbar unter: bertelsmann-stiftung.de/de/unsere-projekte) davon aus, dass die von der Corona-Pandemie beschleunigte Digitalisierung nicht wieder auf das vorherige Niveau fallen wird. Unternehmer, die sich in den Jahren 2020 und 2021 zunehmend digitalisierten, werden diesen Trend voraussichtlich auch in den folgenden Jahren fortsetzen und Homeoffice sowie mobiles Arbeiten fest etablieren.

Die einmal eingeführten digitalen (Kommunikation-)Tools werden also nicht wieder abgeschafft, sondern bleiben – wenn auch vielleicht in kleinerem Umfang – im Arbeitsalltag wichtig. Die in der Krise etablierten Standards hinsichtlich der räumlichen und der zeitlichen Verteilung von Arbeit werden weiterbestehen. Die Unternehmen bewerten es als gut, durch die veränderten Rahmenbedingungen während der Pandemie gezwungen worden zu sein, neue (digitale) Wege zu gehen und Lösungen zu finden.

Das Thema Nachhaltigkeit spielt eine immer größere Rolle

Der zweite Effekt ist eigentlich eine Nebenwirkung. Die digitale Arbeitskultur reduzierte Dienstreisen und Verkehrsaufkommen, entschleunigte und schuf neue Werte. Viele Menschen nehmen das als wichtigen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit wahr, eine generell positiv bewertete Entwicklung. Laut Bertelsmann Stiftung glauben aber nur 17 Prozent der Befragten daran, dass diese nachhaltigen Praktiken nach Überwindung der Krise noch eine Rolle spielen werden. Das sehen wir anders: Nachhaltigkeit spielt für Konsumenten und Konsumentinnen eine immer größere Rolle. Auch Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen legen zunehmend Wert darauf. Können es sich Unternehmen wirklich leisten, das zu ignorieren?