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Nachhaltigkeit ist sowohl in der Politik als auch in der Wirtschaft das Thema überhaupt. Der Klimawandel wird immer spürbarer und das Thema rückt weiter in den Fokus. Doch was bedeutet Nachhaltigkeit eigentlich genau?  

 „Nachhaltigkeit ist die Fähigkeit, Ressourcen möglichst langfristig und somit effizient zu nutzen.“ 

 Seit langer Zeit wird bereits geforscht und diskutiert, wie man die verheerenden Auswirkungen auf die Umwelt reduzieren und stoppen kann. Mit der fortschreitenden Globalisierung bildeten sich immer mehr Unterthemen heraus, die auf der unternehmerischen Seite zu verantworten sind. Allgemein gewann das Thema immer mehr an Bedeutung und Dringlichkeit, weshalb auf politischer Seite stetig an Veränderungen gearbeitet wird. Für Unternehmen zeigte sich dies in neuen Gesetzen und Rahmenbedingungen, die eingehalten werden müssen.  

Die Agenda von Politik & Wirtschaft 

Im März 2018 veröffentlichte die Europäische Kommission dazu den Aktionsplan „Nachhaltige Finanzierung“ („Sustainable Finance). Dieser Plan beinhaltet eine ausführliche EU-Strategie für den Finanzsektor, um eine klimaneutrale und nachhaltigere Kreislaufwirtschaft zu schaffen. Gleichzeitig sollen Investitionen hinsichtlich Treibhausgasemissionen, Ressourcenverknappung und Arbeitsbedingungen nachhaltiger gestaltet werden.  

Die Hauptziele des Aktionsplans sind:  

  • Kapitalflüsse in nachhaltigere Investitionen umzulenken 
  • Beachtung von Nachhaltigkeit im Risikomanagement der Finanzmarktakteure  
  • Förderung von Transparenz und Langfristigkeit in der Finanz- und Wirtschaftstätigkeit 

Als wichtigste und dringlichste Maßnahme galt dabei die Einführung eines einheitlichen Klassifikationssystems – die 2020 beschlossene EU-Taxonomie.  

Konkret soll es dabei darum gehen, Anlageprodukte nach ihrer Nachhaltigkeit zu kategorisieren. Unternehmen können bis zu 100 Punkte erhalten – je nachdem, wie viele Punkte der Taxonomie sie erfüllen. EU-Bürger und Investoren sollen so genau darüber informiert werden, welche wirtschaftlichen Aktivitäten nachhaltig sind. Klimaschutz und Wirtschaftswachstum im Einklang. 

Am 11. Dezember 2019 stellte die Europäische Kommission unter Ursula von der Leyen zudem den „European Green Dealvor. Ziel dieses Konzeptes: eine Wirtschaft, die bis 2050 keine Nettotreibhausgase mehr ausstößt.  

Auch Großanleger sind verstärkt auf der Suche nach „grünen Investments“. Unternehmen mit nachhaltigen Projekten haben die Möglichkeit, sogenannte „Green Bonds“ („Grüne Anleihen“) auszugeben und somit zusätzliche Liquidität zu erhalten.  

Nachhaltigkeit in KMUs aktuell 

Für die meisten KMUs bedeutet Nachhaltigkeit Umweltschutz und Arbeitssicherheit. Weitere Themen in Bezug auf Lieferketten oder eine verantwortungsvolle Führungsebene finden aktuell noch nicht ausreichend Beachtung. Ein Umschwung macht sich dennoch bereits bemerkbar. So zeigte der EcoVadis-Index 2020 einen deutlichen Anstieg. Dieser gibt Hinweise darauf, dass auch Unternehmen in den Lieferketten mehr Einsatz zeigen und eine Verbesserung ihrer Nachhaltigkeitsleistung erzielen möchten. Ein wirklich weitreichendes Verständnis für Nachhaltigkeit ist jedoch weiterhin wünschenswert.  

Bei den meisten mittelständischen Unternehmen wird Nachhaltigkeit aus eigener Initiative umgesetzt. Größere Unternehmen werden durch die Anforderungen von B2B-Kunden oder Regulierungen beeinflusst.  

Arbeitnehmer zwingen zum Umdenken 

Gerade auf Grund der nächsten Generation gilt Nachhaltigkeit als wichtiger Punkt. Bereits jetzt zählt Nachhaltigkeit für über 50 % der Arbeitnehmer zu den Top-3-Anreizen bei der Arbeitgebersuche (Königsteiner Agentur, 2020). Für ganze 86 % der Deutschen steigert als ein Aspekt das soziale Engagement eines Unternehmens die Attraktivität als Arbeitgeber (Manpower Group, 2014). Laut einer Umfrage der Europäischen Investitionsbank (EIB) unter 13.300 europäischen Unternehmen Ende 2020 gilt der Fachkräftemangel mit 83 % als größtes langfristiges Problem. Employer Branding scheint daher in Verbindung mit dem Thema Nachhaltigkeit eine umso bedeutendere Rolle zu spielen.  

Kunden bevorzugen nachhaltige Produkte 

Kritiker äußern immer wieder Zweifel daran, dass Kunden bereit sind, für nachhaltige Produkte einen Aufpreis zu zahlen. Unternehmen, die Nachhaltigkeit bereits vollumfänglich umsetzen, liefern hingegen gute Argumente, um Preiserhöhungen entsprechend zu untermauern. Interessant ist hierbei, dass rund 58 % der Konsument*innen beim Kauf sogar zögern, wenn sie Unternehmen als nicht nachhaltig wahrnehmen (Capgemini, 2020).   

Nachhaltigkeit ist keinesfalls einfach umsetzbar und kann auf allen Ebenen als zusätzliche Aufgabe angesehen werden, die auch geleistet werden muss. Gerade die Geschäftsführung ist in Anbetracht der Einführung eines Nachhaltigkeitsmanagements der wichtigste Faktor. Es gibt beispielsweise eine ganze Reihe von Zertifikaten, die für verschiedene nachhaltige Aspekte der Unternehmensführung erworben werden können.  

Nachhaltigkeit fordert Investitionen 

Insofern die nötigen Maßnahmen lediglich als enormer Kostenfaktor oder als Compliance-Aspekte angesehen werden, geht die Weiterentwicklung meist nur schleppend voran. Die Klimakrise setzt die Gesellschaften jedoch unter Druck, schärfere Maßnahmen zum Schutz der Umwelt umzusetzen und fordert ein langfristiges Denken in der Wirtschaft. Viele Faktoren sind im Kern jedoch sogar wertschöpfend für Unternehmen.  

Große Unternehmen vs. kleine Unternehmen  

In der KMU-Studieder Versicherungsgesellschaft Gothaer mit rund 1.000 Teilnehmern zeigte sich, dass 40 % der befragten Unternehmen ihren CO₂-Ausstoß in den kommenden Jahren senken möchten – der eigene CO₂-Fußabdruck war hingegen nur 16 % aller befragten Unternehmen auch tatsächlich bekannt.  

Viele KMUs stehen bei der Umstellung jedoch vor Hindernissen. 35 % der teilnehmenden Unternehmen empfanden die Maßnahmen als zu teuer, 33 % nannten mangelnde Zeit für die Recherche als Problem und jeweils 24 % hielten die Umsetzung für zu aufwendig oder es fehlte an Ideen. Sehr kleine Unternehmen mit bis zu 10 Beschäftigten gaben mit 30 % sogar an, gar kein Interesse an mehr Nachhaltigkeit zu haben. 

Maßnahmen wie Mülltrennung, Produkte und Lieferanten aus der Region und Produkte und Verpackungen aus recycelten Materialien werden unabhängig von der Größe bei knapp jedem zweiten KMU umgesetzt. Bei den Themen erneuerbare Energien, Zuschüsse für ÖPNV oder Schulungen zeigen sich jedoch deutliche Unterschiede zwischen großen und kleinen Unternehmen.  

Schritt für Schritt in Richtung Nachhaltigkeit 

Unabhängig von der Unternehmensgröße gilt es, sich das eigene Geschäftsmodell genauer anzuschauen. Dabei sind Bereiche zu identifizieren, die tatsächlich Anpassungspotenzial haben. Die entsprechenden Schlüsselthemen der Nachhaltigkeit unterscheiden sich je nach der Branche. So muss zuerst herausgefunden werden, wo man als Unternehmen einen Hebel setzen und aktiv werden kann. Beleuchtet werden dabei unter anderem der Energie- und Wasserverbrauch und ein erhöhter Einsatz von Ressourcen. Im ersten Schritt geht es um die konkreten Maßnahmen an den eigenen Standorten, woraus sich dann Projekte mit Lieferanten und Partnern ergeben können. 

Gerade im Mittelstand bieten sich weitreichende Möglichkeiten für die Umsetzung von Nachhaltigkeit. Entscheidungswege sind in den meisten Fällen kurz und die Geschäftsführung hat einen größeren Spielraum. KMUs, die Nachhaltigkeit als echtes Anliegen kommunizieren und in alle Geschäftsbereiche integrieren, finden auch bei Beschäftigten viel Zuspruch. Das gemeinsame Ziel auf dem Weg zum nachhaltigen Unternehmen verbindet und stärkt den Zusammenhalt. KMUs, die heute an der Umstellung arbeiten, werden die Gewinner der Zukunft sein.